Tagesspiegel
12.10.2022

Klassik in Schmargendorf: Ganz nah dran an den Künstlern

Photo source: Blackmore's Musikzimmer

In einer ehemaligen Bankfiliale bietet „Blackmore’s Musikzimmer“ Klassik im intimen Rahmen. Mit Glück trifft man die Interpreten hinterher an der Bar.

Hier geht es lockerer zu als in den großen Berliner Konzertsälen: In „Blackmore’s Musikzimmer“ dürfen die Besucher sogar ihre Getränke mit an den Platz nehmen – und sie sind dann ganz nah dran an den Künstlern. Denn viel Platz ist nicht in der ehemaligen Bankfiliale in Schmargendorf. „Unser Highlight ist die Nähe“, erklärt Dylan Blackmore. Die Musiker können sich hier nicht verstecken, der Weg zur Bühne führt mitten durchs Publikum, nach den Auftritten kann man die Interpreten häufig noch an der Bar treffen.

An diesem Abend ist das Grand Trio Vilnius zu Gast, 2021 gegründet vom Cellisten David Geringas, dem Pianisten Petras Geniušas und der Geigerin Dalia Kuznecovaitė. Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht“ in der Fassung für Klaviertrio begeistert die Zuhörer, die den Musiker:innen über die Schulter in die Noten schauen können, ihre Kommunikation im Spiel hautnah miterleben. Besonders Kuznecovaitė besticht durch ihren klaren Geigenklang.

Perfekte Balance der Instrumente
Anschließend gibt es Brahms‘ Trio in G-Dur, in einem Arrangement von seinem Zeitgenossen Theodor Kirchner, das Brahms wohlwollend gelobt habe, wie Geringas dem Publikum zwischen den Stücken erzählt. Das heitere Werk füllt klanglich den gesamten Raum aus, dem Trio gelingt eine perfekte Balance der Instrumente. Zu dritt reizen sie die Dynamik so aus, dass durch die gute Akustik an den ganz leisen Stellen das Rascheln des Publikums fast lauter erscheint als ihr Spiel.

David Geringas ist dem „Musikzimmer“ in der Warmbrunner Straße 52 eng verbunden, denn er gibt dort auch regelmäßig Meisterkurse in der angeschlossenen Musikakademie und leitet als Dirigent das „Geringas Chamber Orchestra“, das Hausensemble bei Blackmore’s. Dessen Konzertprogramm reicht von Klassik über Jazz bis Crossover, der Raum lässt sich je nach Veranstaltung ganz unterschiedlich bestuhlen. Neben etablierten Künstler:innen tritt hier auch der musikalische Nachwuchs auf, zum Beispiel Philipp Chernomor, mit zwölf Jahren schon Preisträger internationaler Wettbewerbe.
 
Auch im „Musikzimmer“ macht sich die Pandemie immer noch bemerkbar. So sind etwa nur die Hälfte der zuvor üblichen Konzerttermine in Planung, wie Dylan Blackmore erzählt. „Wie alle Säle müssen auch wir zurzeit um das Publikum kämpfen.“ Die „Neustart“-Förderung vom Kulturstaatsministerium will er darum nutzen, um Auftritte mit großen Künstlerpersönlichkeiten ermöglichen, die viele Besucher anziehen. Dem Winter sieht Blackmore dagegen recht entspannt entgegen. „Unser Betrieb ist nur abends für zwei Stunden geöffnet, außerdem heizen wir natürlich während den Meisterkurse, aber das hält sich in Grenzen.“ Gleichwohl musste er wegen der Inflation die Eintrittspreise etwas erhöhen, auf 22 Euro.
Laura Luckenbach