Fri, 24. Apr 2020 - 20:00

Vocis Magnae Berlin - Mahler - Das Lied von der Erde

Gustav Mahler
Sieben Lieder aus letzter Zeit
für Sopran und Klavier

Das Lied von der Erde
Klavierfassung des Komponisten für Mezzosopran, Tenor und Klavier

Alison Hicks, Sopran
Alexandra von Roepke, Mezzosopran
Peter Furlong, Tenor
Christian Kälberer, Klavier

„Kaum ist das Entrée billiger als der Tod.“ Kein Werk steht diesem genialen Satz Theodor W. Adornos näher als Gustav Mahlers Lied von der Erde. Dessen Sujet und innere Faktur, die Brüche, Dissoziation und Intensität, Tremolo und Anschlag bilden die ins Mark stechenden Eckpunkte eines Werks, dem es mehr als ernst ist.

Gustav Mahler schrieb das Lied von der Erde 1908 in bewegtester später Lebenszeit (Tod der geliebten fünfjährigen Tochter, eigene ernste gesundheitliche Probleme, Abschied von der Wiener Hofoper, Beginn der amerikanischen Tourneen) und erlebte vor seinem Tod 1911 weder mehr die Uraufführung der Orchesterversion noch die der eigenhändigen Klavierfassung.

Eine Folge: die Klavierfassung verschwand aus dem Blick der Öffentlichkeit und verblieb im Besitz der Witwe Alma Mahler (die das Autograph später Otto Kallir vermachte). Erst 1989 kam es zur Uraufführung. Seitdem hat sich kaum ein Pianist an das Werk gewagt, sicher auch darin begründet, dass die Orchesterversion längst als bedeutendes Oeuvre weltweit sich etabliert hat. Doch diese einseitige Auslegung ist falsch. Mahler hat bewusst zwei verschiedene Versionen geschrieben, wie er es auch bei den anderen Liedkompositionen gehalten hat. Auch die Klavierfassung muss als souveränes Werk (und nicht als Klavierauszug, den Mahler zusätzlich noch in Auftrag gab), die klanglichen Möglichkeiten des Instruments extrem auslotend, angesehen werden.

Und nicht nur dies: so verborgen das Werk für Klavier lange blieb, so herausragend ist es in der Klavierliteratur des beginnenden 20. Jahrhunderts. Immer ins Extrem musikalischer Dynamik gehend, am Rand des Spiel-, des klanglich Realisierbaren. Unsere Aufnahme verortet Mahler in der Spannung zwischen großen dramatischem Gesang und den expressionistischen Abbrüchen des 20. Jahrhunderts. Gustav Mahler erschafft mit dem Lied von der Erde eine eigene Form zwischen Lied und Symphonie: groß-formale musikalische Szenen, „Balladen des Unterliegens“ (nochmals Adorno zitierend).

Oder wie es in einer amerikanischen CD-Kritik unserer Einspielung heißt: this version is more than a curiosity: even though it lacks the powerful punch of the orchestral form in which Das Lied von der Erde is usually heard, it brings greater clarity to some of the intertwinings of the vocal and instrumental lines, and it casts the overall work’s emotions somewhat differently, giving them a more-human if less-overwhelming scale. No one who thinks he or she knows Das Lied von der Erde can really know it completely without listening to it in this form. (Transcentury 21.9.17)

Diese, neue Wege gehende Form des Lieds von der Erde ist ein Ganzes, ein Hörerlebnis. Doch bieten wir zusätzlich dem Auge eine kleine Ausstellung (dt./it./eng.) zum Thema Mahler und das Lied von der Erde, die im Sommer 2017 während der Gustav Mahler Musikwochen in Toblach/Dobbiaco gezeigt wurde. Kuratiert von Milijana Pavlovic und Sybille Werner wurden die 13 Rollbilder und 2 Vitrinen von Studenten der Universitäten Innsbruck und Trient erarbeitet und begleiten unser Projekt, der Klavierfassung dieses großen Werkes der Musikgeschichte zu einer ihr gerecht werdenden Aufnahme in die Konzertsäle der Welt zu verhelfen.

Wie schrieb Mahler in einem Brief an Bruno Walter über diese Komposition: Ich glaube, daß es das Persönlichste ist, was ich bis jetzt gemacht habe. Damals noch unsicher über den Namen des Ganzen, gab er diesem Nahegelegensten den fernsten, weitesten Titel: Das Lied von der Erde. Es durchmisst in seiner musikalisch-dramatischen Folgerichtigkeit das Ganze einer Philosophie; so, wie es nur den größten, den gelungensten Kunstwerken beschieden ist.

 

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